Düngung

Nur bei optimalen Boden- und Klimabedingungen können Kulturpflanzen ihr Ertragspotential vollständig umsetzen. 


Die Nährstoffversorgung ist nur einer von vielen Ertragsfaktoren. Der am stärksten im Mangel befindliche Faktor limitiert Pflanzenwachstum und -qualität: Gesetz vom Minimum (Carl Sprengel, Justus von Liebig). Übersteigt die Düngung den Pflanzenbedarf, schädigt dies die Pflanzenqualität und beeinflusst die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Produktion. Überdüngung führt zu  Gewässereutrophierung, beschränkt die Biodiversität und ist klimawirksam.

Die optimale Düngestrategie ist deshalb auf das Potenzial von Standort und Kulturpflanze auszurichten und flexibel an die jeweils aktuelle (Klima)situ-ation anzupassen: damit sollen schädliche Umweltwirkungen der Düngung - besonders von Stickstoff und Phosphor - verhindert, die Nährstoffversorgung der Kulturpflanzen aber gesichert werden.

Die Nährstofftonne zur Illustration des Gesetztes vom Minimum

Das Ertragspotenzial eines Standortes bildet die Grundlage einer Düngestrategie. Neben der Interpretation von Bodendaten (Nährstoff- und Humusgehalte, Bodenart) sind das Klima (Temperatur und Niederschlag, Höhe und Verteilung) und die Topografie (Höhenlage, Hangneigung) zu bewerten.

Mittels Standard-Extraktionsverfahren können die Nährstoffgehalte von Phosphor und Kalium und die Kalkversorgung ermittelt und diese den Bodengehaltsklassen zugeordnet werden, welche den Versorgungszustand des Bodens widerspiegeln sollen (VDLUFA, 2018)*). Die in Deutschland üblichen Extraktionsverfahren als auch deren Bewertung unterscheiden sich von den in anderen EU-Mitgliedstaaten üblichen Verfahren (Jordan-Meille et al., 2012)**), was einen EU-weiten Vergleich des Versorgungsgrades der Böden erschwert.

Der Nmin-Wert, d.h. der Gehalt des Bodens an mineralischem Stickstoff, kann nach der Ernte, im Herbst oder im Frühjahr ermittelt werden. Dieser Wert ermöglicht einerseits Rückschlüsse auf die Stickstoffeffizienz der zurückliegenden Vegetationsperiode, andererseits können die Stickstoffverluste durch Versickerung während der Winterperiode quantifiziert werden.

Der in der organischen Substanz des Bodens gebundene Stickstoff wird durch Mineralisierung - der Zersetzung durch Bodenmikroorganismen - freigesetzt. Da sich der Anteil an pflanzenverfügbarem, mineralischen Stickstoff am insgesamt im Boden gespeicherten Stickstoff in etwa im Verhältnis 1 : 1000 bewegt, führen bereits geringe Änderungen in den Mineralisierungsbedingungen zu einer starken Veränderung der Gehalte an mineralischem Bodenstickstoff.   

Die Methode der Pflanzenanalyse ermöglicht die Bestimmung des Versorgungszustands eines Pflanzenbestandes während des Pflanzenwachstums. Für Stickstoff wird diese Methode vielfach routinemäßig angewandt, um Stickstoffgaben bedarfsgerecht staffeln zu können und damit eine  ineffiziente Stickstoffdüngung zu vermeiden.

Pflanzenanalysen können aber auch zur Detektion der anderen im Mangel befindlichen Grund- und Mikronährstoffe genutzt werden. Noch in der fortgeschrittenen Pflanzenentwicklung kann dann über eine Blattdüngung der Bedarf - insbesondere an Spurenelementen - gedeckt werden.

*) VDLUFA (2018, 1997, 1999, 2000): Standpunkte des VDLUFA zur Ermittlung des Phosphor- Kalium- und Kalk-Düngebedarfs anhand Bodenuntersuchung und Pflanzenbedarf (https://www.vdlufa.de/de/index.php/fachinformationen-35/standpunkte-des-vdlufa)
**) Jordan-Meille, L., RubÆk, G. H., Ehlert, P. A. I., Genot V., Hofman, G., Goulding, K., Recknagel, J., Provolo, G., Barraclough, P. (2012): An overview of fertilizer-P recommendations in Europe: soil testing, calibration and fertilizer recommendations. Soil Use and Management, December 2012, 28, 419-435.

Die Düngungshöhe sollte mengenmäßig den Vorgaben der Planung entsprechen. Zu den Monitoring-Maßnahmen können sowohl die Pflanzenanalyse als auch die Bestimmung des Nmin-Wertes gerechnet werden. 

Den rechtlichen Rahmen für eine individuelle Düngestrategie bildet das Düngerecht. In Deutschland wurde die Düngeverordnung 2017 novelliert und 2020 erneut überarbeitet. Der zuvor verbindliche Nährstoffvergleich - eine Bilanzierung der Nährstoffflüsse - wurde auf Druck der EU-Kommission außer Kraft gesetzt und durch eine Aufzeichnungspflicht für eingesetzte Düngemittel ersetzt. Sperrfristen für Düngemittel und Abstandsregelungen zu Gewässern wurden weiter verschärft. Die geographische Ausdehnung sogenannter „roter“ Gebiete, in denen das Grundwasser bzw. Oberflächengewässer mit Nitrat und Phosphor belastet sind, sollten von den Bundesländern nach einheitlichen Vorgaben überprüft und ggf. angepasst werden. Für Betriebe in diesen „roten“ Gebieten wurden verpflichtende Maßnahmen zur Minderung der Gewässerbelastung beschlossen, die Anfang 2021 in Kraft getreten sind. 2022 erfolgten weitere Anpassungen bei der Festlegung der roten Gebiete.  

Die Stoffstrombilanz nach dem Muster einer Hoftorbilanz  wurde ebenfalls 2017 eingeführt und  muss zunächst nur von Intensivtierhaltungsbetrieben erstellt werden. Allerdings soll der Geltungsbereich der Verordnung auf andere Betriebstypen ausgedehnt werden. Durch diese Bilanz sollen Überdüngung aufgrund eines Wirtschaftsdüngerüberhanges und überbetriebliche Nährstoffströme besser erfasst werden  (Klages et al., 2017b) .   

Stoffliche Eigenschaften von Düngemitteln

Sollen Düngemittel und andere Stoffe, die dem Düngerecht unterliegen*), in den Verkehr gebracht werden, kann dies alternativ nach nationaler Düngemittelverordnung (2012, zuletzt geändert 2017) oder nach EU-Düngerecht erfolgen. Mit dem EU-Paket zur Kreislaufwirtschaft werden ab dem Jahr 2022 nun auch organische bzw. organisch-mineralische Dünger - wie Gärreste, Komposte und verarbeitete Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft - europaweit reglementiert. Dadurch wird der europäische Markt für Recyclingdünger und -technologien vereinheitlicht. Auch für Schadstoffe werden nun in den einzelnen Stoffkategorien Grenzwerte festgelegt**).

*) Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel

**) Verordnung (EU) 2019/1009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit Vorschriften für die Bereitstellung von EU-Düngeprodukten auf dem Markt und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1069/2009 und (EG) Nr. 1107/2009 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2003/2003.